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Die Theologische Fakultät der Universität Zürich verleiht die Würde eines Doktors ehrenhalber an Herrn Professor Hans Zender, der mit wegweisenden Kompositionen Brücken zwischen den religiösen und kulturellen Traditionen Europas und Asiens geschlagen hat und der als Komponist, Dirigent und Autor in Erinnerung hält, dass die Sinne das Denken in Bewegung setzen. Hans Zenders intensive Beschäftigung mit den Überlieferungen der Weltreligionen belegt, dass gerade das Lernen von Fremdem die eigene Kultur lebendig zu erhalten und fortzubilden vermag.
Hans Zender, geboren am 22. November 1936 in Wiesbaden, studierte Komposition, Klavier und Dirigieren an den Musikhochschulen Frankfurt und Freiburg i. Breisgau. Von 1959 bis 1963 wirkte er als Kapellmeister an den Städtischen Bühnen in Freiburg im Breisgau, danach als Chefdirigent der Oper der Stadt Bonn und von 1969 bis 1972 als Generalmusikdirektor der Stadt Kiel. 1971 übernahm Zender die Leitung des Radio-Sinfonieorchesters Saarbrücken, das er, so eine Kritik, zu einem «Präzisionsinstrument der modernen Musik» formte. 1984 wurde er GMD der Hamburgischen Staatsoper und des dortigen Staatsorchesters. 1987 wechselte er in die Position des Chefdirigenten des Kammerorchesters von Radio Hilversum sowie des Principal Guest Conductor der Opera Nationale in Brüssel, Aufgaben, die er bis 1990 erfüllte. Von 1988 bis 2000 lehrte Zender als Professor Komposition an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt am Main. Er ist Mitglied der Akademien der Künste in Hamburg (1985) und Berlin (1989) sowie der Bayerischen Akademie der Schönen Künste (1995). Seit 1999 ist er ständiger Gastdirigent des SWR Sinfonieorchesters Baden-Baden und Freiburg. Hans Zender erhielt für seine Arbeit zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen, darunter 1980 den Kunstpreis des Saarlandes, 1997 den Goethepreis der Stadt Frankfurt, ein Stipendium der Bundesrepublik Deutschland für zwei Jahre Studienaufenthalt in der Villa Massimo. 2005/06 war er Fellow des Wissenschaftskollegs zu Berlin und «Composer in Residence» beim Deutschen Symphonie-Orchester Berlin.
Hans Zender zählt zu den profiliertesten Repräsentanten des zeitgenössischen Musikklebens – als Dirigent, Hochschullehrer und Verfasser zahlreicher musikästhetischer und -philosophischer Schriften, und als Komponist. Der Grundgedanke seiner Musikästhetik ist, dass die Sinne denken, so dass sich der Charakter eines Kunstwerkes darin erweist, dass es im Sinnlichen das Denken anspricht und seinen gedanklichen Gehalt im Sinnlichen manifestiert.
Eine ganze Reihe seiner Werke wie etwa die Hölderlin-Kompositionen, der Dialog mit Hayden, Schuberts Winterreise oder die Schumann-Phantasie zählt Zender zu der von ihm so genannten Gattung der «komponierten Interpretation». Ihr Ziel ist es, die Widersprüche zu verarbeiten, die sich aus dem zeitlichen Abstand des heutigen Bewusstseins zu dem der betreffenden historischen Epoche ergeben. Dahinter steht die Annahme, dass sich ein Zeugnis unserer kulturellen Vergangenheit, wenn es eine Sinnhaftigkeit für heutige Menschen haben will, auf unser aktuelles Lebensgefühl beziehen muss. Nur dann kann es Veränderungen in unserem Leben, unserem Denken und Handeln auslösen.
Das betrifft auch Zenders intensive Beschäftigung mit Traditionen der Weltreligionen. In seiner Komposition für Violoncello und Orchester Bardo (tibetanisch für ‚zwischen’) setzt er sich mit dem Tibetanischen Totenbuch (Bardo Tödol) auseinander und dessen Bildern von erschreckenden wie beseligenden Erlebnissen, die die Seele bei ihrer Wanderung nach dem Tod durch ein Zwischenreich erlebt. In Shir Hashirim interpretiert er in strenger, aber freier Ordnung das Hohelied der Liebe im «Lied der Lieder».
In den Logos-Fragmenten wiederum stammen die verwendeten Texte aus gnostischen Schriften, apokryphen Quellen und dem Johannesevangelium. Seinem musikästhetischen Grundprinzip treu verwendet Zender dabei Kompositionstechniken, die durch strengste Gesetze die Willkür des komponierenden Subjekts reduzieren und gerade dadurch eine Klangwelt von eigentümlicher Faszination erzeugen, in der gewohnte Hörtraditionen aufgebrochen werden und es möglich wird, über kulturelle Grenzen hinweg Neues zu erleben und Altes neu zu hören und sich kreativ anzueignen. Hans Zender hat wiederholt auch in Zürich Konzerte dirigiert.