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Werner Müller
Die Mathematisch-naturwissenschaftliche Fakultät der Universität Zürich verleiht die Würde eines Doktors ehrenhalber an Werner Müller. Sie würdigt damit sein Lebenswerk im Bereich der evidenzbasierten Naturschutzbiologie, seinen Einsatz für den Dialog zwischen Wissenschaft und Politik sowie seinen unermüdlichen Einsatz für den Schutz und Erhalt der Biodiversität und natürlicher Lebensräume in der Schweiz und weltweit.
Werner Müller hat während Jahrzehnten den evidenzbasierten Naturschutz, die Naturschutzbiologie und den Dialog zwischen Wissenschaft und Politik in der Schweiz geprägt. Er ist in Zürich geboren und hat hier seine Schulzeit absolviert. Bereits als Jugendlicher entwickelte er ein grosses Interesse an der Natur und trat der Ala, Gesellschaft für Vogelkunde und Vogelschutz, bei. Dort führte er Kartierungen verschiedener Vogelarten durch. Später begann er an der Universität Zürich ein Zoologie-Studium und wurde hier von mehreren Professoren stark beeinflusst, so von Prof. Bernhard Nievergelt. Neben dem Studium übernahm er die Projektleitung des Ornithologischen Inventars des Kantons Zürich, das erste seiner Art in der Schweiz. Mit 20 Jahren wurde Werner Müller Betreuer des Reservats Neeracherried und plante alsbald Aufwertungsmassnahmen wie einen Flachteich, extensive Beweidung und verbesserte Besucherlenkung, die mittels Erfolgskontrolle überprüft wurden. Bis heute ist er Betreuer des Neeracherrieds.
Bevor er sein Studium an der Universität Zürich abschliessen konnte, trat Werner Müller 1979 die Stelle als erster Mitarbeiter von BirdLife Schweiz an. Damit übernahm er eine Schlüsselposition im Natur- und Artenschutz in der Schweiz. Auch wenn er mit dieser Stelle sein Zoologie-Studium aufgab, blieb er der Universität Zürich über die Jahrzehnte verbunden, beispielweise durch Publikationen oder durch die direkte Implementation von Forschungserkenntnissen in den Natur- und Artenschutz. Werner Müller war stark an der Reorganisation und Modernisierung des Verbands BirdLife beteiligt, und legte so den Grundstein für einen modernen Naturschutz. Speziell hervorzuheben ist die Kampagne "Chance Osteuropa", im Rahmen derer BirdLife Schweiz nach 1989 zahlreiche Vogelschutzorganisationen in Osteuropa fachlich und finanziell unterstützte. Aus dieser Kampagne entwuchsen aktive und wichtige Naturschutzorganisationen in den jeweiligen Ländern. In den fast 42 Jahren bei BirdLife sammelten Werner Müller und sein Team die verfügbaren Informationen zur biologischen Bedeutung von Hecken, Kleinstrukturen und weiteren Elementen, deren Wert heute im Naturschutz unbestritten sind.
Weiter war Werner Müller sehr wichtig und federführend im Dialog mit der Politik. Werner Müller gründete gemeinsam mit Politikern die Parlamentarische Gruppe Biodiversität und Artenförderung, ein Forum für den Dialog zwischen Wissenschaft und Politik. Er lancierte 2003 in Zusammenarbeit mit der Vogelwarte Sempach das Impulsprogramm für die Vogelwelt, das basierend auf der verfügbaren Evidenz die notwendigen Naturschutzmassnahmen für Politik und Behörden formulierte. In dieser Rolle hatte er einen einzigartigen Einfluss auf die Gestaltung und Umsetzung der Naturschutzpolitik in der Schweiz über mehr als vier Jahrzehnte.
Werner Müller war eine treibende Kraft, um die Strategie Biodiversität Schweiz und den Aktionsplan zur Strategie immer und immer wieder auf die politische Agenda zu bringen. Er unternahm unter anderem ein Weckruf von Wissenschaftlern im Jahr 2004. Er koordinierte die Beiträge von mehr als 50 Personen in 26 Arbeitsgruppen des partizipatorischen Prozesses des Bundes. Der vom Bundesrat verabschiedete Aktionsplan widerspiegelte die detaillierten Beiträge von Wissenschaft, Naturschutz, Wirtschaft und weiteren Organisationen nur ungenügend. Und so initiierte Werner Müller einen Aktionsplan der Zivilgesellschaft – eine riesige, minutiöse Arbeit. Die Bedeutung dieses Aktionsplans sowie die Inputs seitens der Wissenschaft sind für die Gestaltung der Biodiversitätspolitik in der Schweiz sehr wichtig. Schlussendlich nahm er im Zuge der Arbeiten zur Biodiversitätsstrategie unter anderem an vier Vertragsstaatenkonferenzen der internationalen Biodiversitätskonvention teil.
Im gesamten Verlauf seiner Karriere hat Werner Müller grössten Wert auf wissenschaftliche Evidenz und Erfahrungswissen gelegt und seine Entscheide darauf basiert. Dabei nutzte er direkt auch Erkenntnisse zur Populations- und Naturschutzbiologie, zu welchen unter anderem an der Universität Zürich geforscht wird. Mit seiner lebenslangen Tätigkeit hat er einen ungemein wichtigen Beitrag zur Naturschutzarbeit und zu evidenzbasiertem Vorgehen sowohl in der Schweiz als auch international geleistet, wie nur wenige Menschen sonst in der Schweiz.