Hunde lebenslang gesundheitlich begleiten
Im «Growing Dog Project» widmen sich Veterinärmediziner:innen am Universitären Tierspital Zürich der Gesundheitsvorsorge von Hunden. Dazu begleiten sie die Vierbeiner ab Welpenalter bis ans Lebensende und sammeln umfangreiches Wissen zur Hundegesundheit.
Im August 2023 ist an der Klinik für Kleintiermedizin ein einzigartiges Projekt gestartet: Hunde werden vom Welpenalter an ein Leben lang veterinärmedizinisch und wissenschaftlich begleitet. Ein Team von Fachpersonen des Universitären Tierspitals Zürich versucht zu verstehen, wie Genetik, Lebensstil und Umwelt das Leben der Vierbeiner beeinflussen. Es ist die erste Langzeitstudie zur Gesundheitsvorsorge von Hunden im deutschsprachigen Raum. Bisher konnten 86 Hunde in die Studie aufgenommen werden.
Erfolge aus Human- für Veterinärmedizin nutzen
Verantwortlich für das «Growing Dog Project» ist Stefan Unterer, Professor und Leiter der Klinik für Kleintiermedizin. Sein Ziel ist, die bei Menschen seit Längerem gut belegten Erfolge von Früherkennung und Gesundheitsförderung auch in der Veterinärmedizin zu nutzen – konkret: bei Hunden. Dass dieser Ansatz in der Schweiz noch nicht sehr etabliert ist, liegt nicht zuletzt an fehlenden Daten.
Regelmässige Untersuchungen und Probenentnahmen
Teilnehmen können Welpen und Junghunde idealerweise im Alter von 8 Wochen, eine Aufnahme ist spätestens bis 16 Wochen nach Geburt möglich. Beim ersten Besuch werden die Tiere klinisch untersucht, geimpft und ihr Blut wird erstmals untersucht, um angeborene Erkrankungen auszuschliessen. Zudem werden mitgebrachte Kotproben auf Parasiten analysiert. Die weiteren Untersuchungstermine finden im Alter von 6 Monaten, einem Jahr und dann in jährlichen Abständen statt. Sie sind auf die regulären Impfungen, Zahn- und Vorsorgeuntersuchungen sowie die einzelnen Lebensphasen des Hundes abgestimmt.
Umfangreiches Wissen zur Hundegesundheit
An jedem Besuch im Tierspital wird eine ausführliche Anamnese erhoben, eine klinische Untersuchung durchgeführt und gesammelter Kot und Urin sowie Haare, Maulschleimhaut- und Hautabstriche und – bei Einverständnis der Besitzer:innen – Blut untersucht. Kontrolliert werden jeweils auch der Impfpass sowie spezifische Gesundheitsdaten der einzelnen Hunde. Wichtig ist zudem die Auswertung der Online-Fragebögen, die die Besitzer:innen der Tiere zu definierten Zeitpunkten ausfüllen. Zusammen erheben die Forschenden so laufend hochwertige Gesundheitsdaten und sammeln umfangreiches Wissen zur Hundegesundheit sowie zu Wachstums- und Alterungsprozessen.
Bessere Vorbeugung, Diagnose und Behandlung
Langfristiges Ziel des im Fachbereich Klinische Infektiologie und Gesundheitsvorsorge angesiedelten Forschungsteams ist es, mögliche Krankheiten bei Hunden besser vorhersagen, vorbeugen, diagnostizieren und behandeln zu können. Damit dies gelingt, sind alle Fachrichtungen der Kleintiermedizin beteiligt: Gastroenterologie, Dermatologie, Tierernährung, Diätetik und Endokrinologie sowie bei Bedarf auch Nephrologie, Kardiologie und Kleintierreproduktion.
Krankheiten werden frühzeitig erkannt
Halter:innen, die sich am Growing Dog Project beteiligen, sorgen nicht nur längerfristig für eine optimale Gesundheit ihres Hundes. Sie profitieren auch laufend von den regelmässigen Gesundheitschecks und der individuellen Betreuung: So können etwa parasitäre Infektionen entdeckt und behandelt werden, bevor Symptome auftreten. Bei 6 der 86 Hunden diagnostizierten die Forschenden einen Befall mit Lungenwürmern, die zu Lungenentzündungen, Blutgerinnungsstörungen und unbehandelt zum Tod führen können. Auch angeborene Erkrankungen wie eine fehlende Gallenblase, Zahnfehlstellungen oder Fütterungsprobleme können so frühzeitig erkannt und angegangen werden.
Biobank für zukünftige Forschungsarbeiten
Bei jeder Kontrolle sammeln die Forschenden von den an der Studie beteiligten Hunden mehrere Proben: Urin, Kot, Haare sowie Abstriche von Mundschleimhaut und Haut. Falls die Besitzer:innen einverstanden sind, wird jeweils auch Blut entnommen. Sämtliche Proben werden im Tiefkühlschrank bei -80°C gelagert. Mit jedem neuen Hund und mit jeder Probenentnahme wächst die Biobank – und damit ihr wissenschaftlicher Wert.
Von Darm, Maul und Haut planen die Forschenden, in Zukunft regelmässig das Mikrobiom zu bestimmen. So können sie über die Jahre verfolgen, wie sich die Vielfalt und Zusammensetzung der Mikrobengemeinschaften verändern. Welche und wie viele Bakterien-, Pilz- und Virenarten vorhanden sind bzw. fehlen, hat grossen Einfluss auf die Gesundheit der Hunde. Ungleichgewichte im Mikrobiom weisen häufig auf Krankheiten hin.
Mit den Daten aus der Biobank zusammen mit den Anamnesen, klinischen Untersuchungen, Urin-, Kot- und Bluttests sowie den ausgefüllten Fragebögen generieren die Forschenden im Verlauf der Langzeitstudie eine Fülle an Wissen zur Gesundheit der Hunde.