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Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Zürich verleiht die Würde eines Doktors ehrenhalber an Paul Brenzikofer in Anerkennung des langjährigen wissenschaftlichen und praktischen Engagements für die Reform des Strafvollzugs, des Strafrechts und der Kriminalpolitik, seiner Pioniertätigkeit im In- und Ausland und seiner Gabe, Theorien erfolgreich in die Strafvollzugspraxis umzusetzen.
Paul Brenzikofer (geb. 28.12.1933) hat das Lehrerseminar in Rorschach abgeschlossen. Anschliessend studierte er während zweier Semester an der Universität Zürich Mathematik und Physik, musste dann aber diese Ausbildung vorzeitig abbrechen, um sich der Tätigkeit als Primarlehrer zuzuwenden, die er während 11 Jahren in Buchs SG ausübte. Er initiierte dort die Elternbildung, war Bezirksschulrat und Präsident der Jugendschutzkommission. Ab 1966 unterrichtete er als Lehrer an der Strafanstalt Lenzburg, bis ihm 1969 die Leitung der Strafanstalt Saxerriet anvertraut wurde. In dieser Funktion, die er bis 1998 ausübte, hat er Wesentliches zur Weiterentwicklung des Strafvollzugs und überhaupt des Strafrechts und der Kriminalpolitik beigetragen.
So hat er in Saxerriet schweizweit als Pionier ein Urlaubssystem für Gefangene eingeführt. Weitere wichtige Neuerungen waren die Einführung des Wohnexternats, eines Programms für (aus physischen oder psychischen Gründen) Leistungsschwache, eines Wiedergutmachungsprogramms in Gefängnissen zugunsten der Opfer und schliesslich ein viel beachteter Versuch mit der Tiertherapie. Alle Betriebsteile der Strafanstalt wurden zudem auf seine Initiative hin einer Qualitätskontrolle unterworfen und sind heute zertifiziert.
Diese innovativen Reformen des Strafvollzugs haben über die Grenzen hinaus starke Beachtung gefunden. So wurde Paul Brenzikofer in vielen schweizerischen und ausländischen Gremien als Experte beigezogen, so in der Kommission zur Vorbereitung des Opferhilfegesetzes und der Revision des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches. Seit seinem Altersrücktritt im Jahre 1998 ist Paul Brenzikofer sehr häufig im Ausland als Experte im Einsatz gestanden, so u.a. in Deutschland (zur Erarbeitung von Vorschlägen für die Verbüssung langer Strafen), in Argentinien, in Addis Abeba, in Kosovo sowie in Russland, der Ukraine und anderen Staaten der ehemaligen Sowjetunion.
Die Universität Zürich und andere Hochschulen des In- und Auslandes durften ebenfalls immer wieder auf Paul Brenzikofer zählen. So hat er an den Universitäten von Zürich und St. Gallen über viele Jahre hinweg Lehraufträge zu Fragen des Strafvollzugs, der Kriminologie und Viktimologie erhalten. Ferner war er während vieler Jahre Dozent am Schweizerischen Ausbildungszentrum für das Strafvollzugspersonal und an der Polizeiaspirantenschule der Stadt Zürich. Auch bei den Justizministerien Österreichs und Bayerns sowie an den Universitäten von Freiburg i. Br., Berlin, Graz, Innsbruck und Lüttich hielt Paul Brenzikofer zahlreiche Vorträge. Seine Verbundenheit mit den Hochschulen zeigte sich auch darin, dass er zahlreiche Dissertationsvorhaben und Diplomarbeiten tatkräftig unterstützte. Auf diese Weise sind rund ein Dutzend wissenschaftlicher Arbeiten zu Themen des Strafvollzugs und «seiner» Strafanstalt Saxerriet entstanden, die ohne seine Offenheit gegenüber den Anliegen der Forschung unmöglich hätten entstehen können.
Paul Brenzikofer hat als Autor zu einer breiten Palette von Strafvollzugsthemen wissenschaftlich publiziert. Viele seiner Anregungen, Überlegungen und Initiativen sind in andere wissenschaftliche Werke eingeflossen oder haben in die Gesetzgebung und Praxis Eingang gefunden und dadurch zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Betroffenen beigetragen. Über die wissenschaftlichen Publikationen hinaus hat Paul Brenzikofer in unzähligen Vorträgen, Zeitungsartikeln, Radio- und Fernsehsendungen die Probleme des Strafvollzugs der breiteren Öffentlichkeit näher zu bringen verstanden.