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Policy der UZH zur Forschung mit Tieren

Die UZH gehört zu den international führenden Insti­tu­tionen im Bereich der Lebens­wissenschaften. Die Erkenntnisse, die aus diesem rasch wach­sen­den Bereich der Wissenschaft resultieren, sind gesellschaftlich und öko­nomisch von grossem Nutzen. Die Bedeutung des Forschungs­platzes Zürich wird wesentlich geprägt durch die Integration der Erkenntnisse verschiedener Disziplinen, die von Unter­suchungen auf der Ebene von Molekülen bis zu Erhebungen in ganzen Populationen reichen. Jede For­schungs­richtung hat ihre eigenen Methoden, die stets weiter­ent­wickelt werden und immer wieder neue Unter­suchungen mit neuen Frage­stellungen ermöglichen. Versuche an lebenden Tieren sind in vielen Forschungs­bereichen essenziell.

Die ursprüngliche «Policy der Universität Zürich zur tierexperimentellen Forschung» basiert auf dem entsprechenden Papier1 der CRUS (Rektorenkonferenz der Schweizer Universitäten) und wurde am 3. Oktober 2013 von der Universitätsleitung in Kraft gesetzt. Nach einer Revision (am 2. Februar 2021) wurde die Policy aufgrund einer Vernehmlassung nochmals angepasst und in der vorliegenden Fassung am 16. November 2021 von der Universitätsleitung verabschiedet.

Strategische Grundsätze

Die in der Forschung mit Tieren tätigen Mitarbeitenden der UZH, wie auch ihre Vorgesetzten und Leitungsorgane, verpflichten sich zu folgenden strategischen Grundsätzen in der Forschung mit Tieren:

  1. Sie pflegen sowohl in der Schweiz als auch im Ausland einen ethisch begründeten, von Respekt und Verantwortung getragenen sowie fachkundigen Umgang mit Tieren nach aktuellem Stand des Wissens.
  2. Sie setzen den gesetzlich vorgeschriebenen Tierschutz vorbildlich um(2).
  3. Sie verfolgen eine konsequente Anwendung der 3R-Prinzipien: Ersetzen (Replace), Verringern (Reduce), Verbessern (Refine)(3).
  4. Sie wenden Methoden zur Optimierung der Reproduzierbarkeit der durchgeführten Forschung an.
  5. Das Erzielen der grösstmöglichen Aussagekraft/Validität leitet die Auswahl der für das Forschungsziel nötigen Modelle und Methoden.
  6. Die Qualifikation der Mitarbeitenden entspricht durch kontinuierliche Aus- und Weiterbildung dem Stand der Wissenschaft.
  7. Die Dokumentation der Forschung mit Tieren ist vollständig und nachvollziehbar.
  8. Die aus der Forschung mit Tieren gewonnenen Informationen/Ergebnisse/Erkenntnisse werden umfassend veröffentlicht.
  9. Die Kommunikation über Forschung mit Tieren ist offen und transparent.

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Grundsätze der CRUS zur tierexperimentellen Forschung
2  Tierschutzgesetzgebung (vgl. Fussnote 3) sowie «Ethische Grundsätze und Richtlinien für Tierversuche», Akademien der Wissenschaften Schweiz (2005).
3  Die 3R (replace, reduce, refine) beziehen sich auf ein von William Russel & Rex Burch (Principles of Humane Experimental Technique, 1959) entwickeltes und heute international anerkanntes Konzept, das bei der Planung eines Tierversuches gemäss der Tierschutzgesetzgebung (z.B. Art. 137 TSchV) zu berücksichtigen ist.

Richtlinien zur Umsetzung

Es gelten die nachstehenden Richtlinien zur Umsetzung der strategischen Grundsätze zur Forschung mit Tieren:

Versuchsvorbereitung

  • Die Mitarbeitenden mit Tätigkeiten im Bereich Tierversuche verfügen über eine ihren Aufgaben entsprechende Fachausbildung und über Fachkenntnisse.
  • Die UZH fordert und fördert die Ausbildung, ergänzende Schulung und themenspezifische Weiterbildung ihrer Mitarbeitenden u.a. in Zusammenarbeit mit dem Institut für Labortierkunde der UZH. Ein wichtiges Ziel ist die Umsetzung der 3R-Prinzipien, insbesondere die Anwendung von Methoden und Massnahmen zur Verminderung der Belastung, und zur Förderung des Wohlbefindens der Tiere vor, während und nach dem Experiment (refinement). Sie fördert zudem den Einsatz modernster Verfahren der Versuchsplanung für angemessen replizierte Tierversuche. Diese müssen reproduzierbar und von hoher wissenschaftlicher Relevanz sein, um zur Reduktion der Tierversuchszahlen (reduction) bzw. zum Ersatz von Tierexperimenten durch andere Verfahren (replacement) beizutragen.
  • Die UZH unterstützt mit der Abteilung Tierwohl und 3R (Tierschutzbeauftragte und Fachpersonen für 3R und statistische Versuchsplanung) ihre Forschenden bei der Planung von Tierversuchen. Die Abteilung Tierwohl und 3R ist der Prorektorin oder dem Prorektor Forschung unterstellt und handelt unabhängig von den Forschenden und Tierhaltungsverantwortlichen. Die UZH stellt eine 3R Fachperson zur Verfügung, um die Förderung der 3R-Prinzipien voranzutreiben und zu koordinieren sowie die UZH im 3R Kompetenzzentrum Schweiz (3RCC)4 zu vertreten.
  • Die Tierschutzbeauftragten helfen den Forschenden im Umgang mit den Aufsichts- und Bewilligungsbehörden sowie bei der Umsetzung der gesetzlichen und internen Tierschutzanforderungen5. Sie handeln als Bindeglied zu den Behörden.
  • Die Forschenden verwenden für ihre Forschung validierte und akzeptierte Methoden, wo immer dies möglich ist. Sie wirken an der Entwicklung von einheitlichen und gut dokumentierbaren Prozessen (z.B. in Form von SOPs6) mit und setzen diese in ihren Einheiten um. Dies wird durch die UZH unterstützt.
  • Die Tierschutzbeauftragten stellen gemäss gesetzlichen Anforderungen sicher, dass die Bewilligungsgesuche für Tierversuche vollständig sind und in den Bewilligungsgesuchen insbesondere die Angaben für die Beurteilung des unerlässlichen Masses nach Artikel 137 TSchV ausgeführt werden. Die Fachpersonen für 3R und für statistische Versuchsplanung unterstützen hierbei mit ihrer Expertise.
  • Die Tierversuche werden den wissenschaftlichen Standards entsprechend geplant (z.B. PREPARE guidelines for planning animal research and testing7).

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4 3R Kompetenzzentrum Schweiz
5 Art. 129a TSchV
6 Standardarbeitsanweisungen (Standard Operating Procedures)
7 PREPARE: guidelines for planning animal research and testing

Versuchsdurchführung

  • Die UZH stellt eine Tierhaltungs- und Forschungsinfrastruktur zur Verfügung, die eine professionelle, tiergerechte Haltung, Zucht und Pflege ermöglicht und gleichzeitig Forschung erlaubt, die dem Stand der Technik und der wissenschaftlichen Praxis entspricht und ethische Aspekte angemessen berücksichtigt.
  • Die Verantwortlichen für die Tierhaltung verpflichten sich, bei der Haltung, Zucht und Pflege von Versuchstieren sowie bei der Erfassung der phänotypischen Expression von Genotypen die gesetzlichen und die universitären Richtlinien einzuhalten. Zusammen mit den Versuchsleitenden, Versuchsdurchführenden, der Abteilung Tierwohl und 3R, den Veterinärinnen und Veterinären und gegebenenfalls den Behörden wirken sie an der Entwicklung von einheitlichen und gut dokumentierbaren Prozessen mit, setzen diese in ihren Einheiten um und gewährleisten damit eine professionelle Tierbetreuung.
  • Die Tierschutzbeauftragten überwachen die korrekte Umsetzung gesetzlich vorgeschriebener sowie an der UZH intern vereinbarter Massnahmen und können fallspezifisch den Einsatz von etablierten 3R-Verfahren sowie die Entwicklung und Validierung von neuen 3R-Verfahren anregen.
  • Die Tierschutzbeauftragten beteiligen sich bei aussergewöhnlichen Ereignissen (z.B. während einer Notsituation) an der Lösungsfindung, wobei diese den Grundsätzen der Policy entsprechen soll.
  • Im Falle von Verstössen gegen gesetzliche Auflagen oder Abweichungen von vereinbarten Protokollen sind die Tierschutzbeauftragten befugt, den entsprechenden Tierversuch nach Rücksprache mit den Versuchsleitenden abzubrechen und dies der Prorektorin bzw. dem Prorektor Forschung zur Kenntnis zu bringen. Die Prorektorin bzw. der Prorektor Forschung kann weitergehende Massnahmen ergreifen; sie bzw. er unterstützt die Leitung der Abteilung Tierwohl und 3R darin, mögliche Konflikte zu lösen.
  • Die Forschungsverantwortlichen orientieren sich neben den gesetzlichen Bestimmungen und den inter-nen Weisungen an den Empfehlungen der Fachorganisationen der Versuchstierkunde sowie an den neusten wissenschaftlichen und ethischen Erkenntnissen. Sie unterstützen damit die Schlüsselpositionen der «Basel Declaration8».
  • Die Forschungsverantwortlichen, die tierexperimentelle Forschung initiieren, leiten und Forschungsförderung dafür beantragen, gewährleisten in ihrer Forschungsgruppe die korrekte Umsetzung der gesetzlichen Vorschriften und internen Weisungen.
  • Die Forschungsverantwortlichen überwachen und dokumentieren sorgfältig in Eigenverantwortung die möglichen Belastungen der Tiere vor, während und nach jedem experimentellen Einsatz und reduzieren diese wo immer möglich durch geeignete Massnahmen. Abweichungen von den Haltungsstandards nehmen sie nur mit Bewilligung der zuständigen Behörde in für das Erreichen des Versuchsziels notwendigen und gut begründbaren Ausnahmefällen vor.
  • Die Forschungsverantwortlichen haben eine Vorbildfunktion für ihre Mitarbeitenden; sie fördern das Problembewusstsein sowie die Aus- und Weiterbildung auf allen Stufen.
  • Die Durchführung und die Ergebnisse aller Tierversuche werden nachvollziehbar und vollständig protokolliert. Die UZH unterstützt die Forschenden, um diese Daten langfristig zu speichern und zu sichern9.

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8 Basler Deklaration
9 swissuniversities: Scientific integrity as a central pillar of academic values;
Akademien der Wissenschaften Schweiz: Wissenschaftliche Integrität,
Code of conduct for scientific integrity (2021)(Chapter 3.2, p. 15.)
ALLEA: The European Code of Conduct for Research Integrity (2017)

Versuchsabschluss

  • Die Ergebnisse der Tierversuche werden in der Webapplikation animex-ch im Jahresbericht dargestellt, einschliesslich vorhandenen Verweisen auf Publikationen und Datenbanken.
  • Ergebnisse aus Tierversuchen werden gemäss ARRIVE guidelines10 veröffentlicht.
  • Die Ergebnisse, einschliesslich der Rohdaten, werden veröffentlicht nach den Richtlinien:
    • der UZH Open Science / Open Data Policy11,
    • der internationalen Standards für Tierversuche,
    • der unterschiedlichen Versuchsausrichtungen und
    • gemäss den Spezifikationen der wissenschaftlichen Journale, in denen publiziert wird.
  • Die Veröffentlichung der Resultate und Daten wird zeitgleich und mit Zugangshinweis zu diesen der Abteilung Tierwohl und 3R mitgeteilt.

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10 ARRIVE guidelines
11 Open Science / Open Data Policy

Durchführung von Tierversuchen im Ausland

Die UZH verpflichtet sich zur Einhaltung hoher ethischer Grundsätze bei Versuchen mit Tieren, unabhängig davon, ob diese in der Schweiz oder im Ausland durchgeführt werden.

Diese Policy definiert den Rahmen für die Durchführung von Tierversuchen (im Sinne von Art. 112 TSchV12) im Ausland durch Forschende der UZH. Kooperationen sollen nicht eingeschränkt werden, unter der Voraussetzung, dass die ethischen Grundsätze der anderen Institution den Standards der UZH entsprechen.

Während in der Schweiz durchgeführte Tierversuche von der zuständigen kantonalen Tierversuchskommission sowie von kantonalen Behörden beurteilt werden, gibt es für im Ausland durchgeführte Tierversuche nicht immer eine gleichwertige Beurteilung und ethische Bewertung. Es ist jedoch die Auffassung der UZH und anderer Institutionen in der Schweiz, dass ihre Forschenden nicht an Tierversuchen im Ausland teilnehmen sollten, wenn diese Versuche aus ethischen Gründen in der Schweiz nicht durchgeführt werden könnten oder sollten. Die Forschenden der UZH, die Tierversuche im Ausland planen und durchführen, stellen daher sicher, dass im Rahmen des von ihnen durchgeführten Projekts die Grundsätze der vorliegenden Policy, die ethischen Grundsätze des Landes, in dem die Forschung durchgeführt wird, sowie das Nagoya-Protokoll13 befolgt werden.

Vor Beginn der Forschung mit Tieren im Ausland informieren die verantwortlichen Forschenden die Abteilung Tierwohl und 3R über das geplante Projekt.

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12 Art. 112 TSchV
13 Nagoya-Protokoll

Kommunikation

Die UZH und ihre Mitarbeitenden vertreten ihre Position bezüglich Forschung mit Tieren in einem offenen Dialog mit den politischen Entscheidungsträgern, mit den Vollzugsbehörden und auch mit der Öffentlichkeit. Grundlage dafür bildet das Kommunikationskonzept «Forschung mit Tieren» der UZH sowie das darin enthaltene Positionspapier14 und die Kernbotschaften. Die UZH tritt einer national und international anerkannten Transparenzinitiative zum Thema Tierversuche bei.

Die UZH sorgt dafür, dass ihre Mitarbeitenden für die Komplexität der experimentellen Forschung mit Tieren sensibilisiert werden und sich der unterschiedlichen Bewertungen von Tierversuchen in der Gesellschaft bewusst sind. Sie fördert damit eine differenzierte und auf Fakten basierende Meinungsbildung.

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14 UZH-Positionspapier «Forschung mit Tieren»